Der neutestamentliche Kanon ist in einem langen Prozess entstanden, dessen Nachzeichnung viele Probleme enthalt, vor allem fur die Zeit bis 200 n. Chr. Jurgen Becker will zur Aufhellung dieses Zeitabschnitts beitragen, indem er bisher kaum beachtete Aspekte herausarbeitet. Dazu gehoeren die Markierung verschiedener Zasuren in diesem Prozess, die Beachtung kultureller und institutioneller Gesichtspunkte und nicht zuletzt die Bewertung der nachhaltigen Hochschatzung der mundlichen Tradition in dem gesamten Zeitabschnitt. Ausserdem werden die Entstehungsverhaltnisse der Literatur und der Umgang mit ihr ausgewertet. Als Hauptergebnis stellt er fest, dass die ersten Vorentscheide in Richtung eines neutestamentlichen Kanons erst gegen Ende des 2. Jahrhunderts fallen.Zu den Einzelergebnissen gehoeren: Die Paulusbriefe wurden zunachst nicht im Gottesdienst vorgelesen, sondern in Gemeindeversammlungen. Die fruhen Gottesdienste kannten noch gar keine Lesungen, wohl aber die mundliche Erinnerung an die Jesusuberlieferung. Diese bestand nicht aus fluchtigen Augenblicksgestalten, sondern aus strukturierten Einheiten, die auch in die zu Beginn der nachapostolischen Zeit entstehende Evangelienliteratur eingingen. Sie wiederum wurde dann bald fur gottesdienstliche Lesungen benutzt. Trotz dieser Wertschatzung konnten die Evangelien daneben weiter bearbeitet und zur Gestaltung neuer Evangelien verwendet werden. Erst die Option des Irenaus fur eine abgeschlossene Vier-Evangelien-Sammlung und die Aufzahlung aller fur den Gottesdienst geeigneten "apostolischen" Literatur im Canon Muratori mit der Struktur "Evangelien und Briefe", diese mit dem Kernbereich der paulinischen Episteln, sind entscheidende Schritte auf dem Weg zur Kanonbildung. Der viel diskutierte Rang des Marcion bei der Kanonbildung ist dagegen bescheiden.
- ISBN13 9783161517075
- Publish Date 3 February 2012
- Publish Status Active
- Publish Country DE
- Imprint JCB Mohr (Paul Siebeck)
- Format Paperback
- Pages 315
- Language German