Book 184

Drachenkampf und Sonnenfrau

by Michael Koch

Published 10 August 2004
In einzigartiger Weise kommt das Mythische in der Johannesapokalypse zur Darstellung. Alle bisherigen exegetischen Versuche, den absichtsvoll gestalteten Ruckgriff auf weit verbreitete Mythologeme literarkritisch bzw. durch Quellenzuschreibungen aufzuloesen oder gar zu entmythologisieren, durfen jedoch aufgrund immer neuer Aporien in der Auslegung inzwischen als gescheitert angesehen werden. Deshalb ist der langst etablierte Mythosbegriff insbesondere mit Blick auf das in ihm bereitgestellte Denkangebot sowie hinsichtlich seiner Pragmatik hermeneutisch neu zu uberdenken. Eine wichtige Vorentscheidung bildet dabei die rezeptionsasthetische Einsicht, dass zwischen Textgestaltung und Wirkung ein unmittelbares Entsprechungsverhaltnis besteht, womit der Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte des apokalyptischen Textes eine entscheidende heuristische Funktion zukommt. Die mythische Ausgestaltung der Johannesapokalypse kann daruber hinaus weder als ein Zufallsprodukt noch als ein blosser Zusatz des urchristlichen Verfassers erachtet werden. Vielmehr zeigt Michael Koch am Beispiel von Kapitel 12 paradigmatisch fur die gesamte Johannesapokalypse, in welcher Weise das neutestamentliche Buch "mythisch" gestaltet ist und welche Bedeutung diesem Phanomen fur den Aufbau des Buches einerseits sowie fur die Wirkung auf den Leser andererseits zukommt. So kann der Mythos bezuglich seiner inner- wie ausserliterarischen Funktionen neu bestimmt werden, ohne jedoch vorschnell entmythologisiert oder vereindeutigt zu werden.