Book 134

Wie kam es im Zuge der Aufklarung in der Wunderfrage zu dem Gegensatz zwischen Faktum und Fiktion? In welcher Weise wurde durch die Etablierung der Formgeschichte die Wunderfrage unsachgemass auf narrative Texte beschrankt?Stefan Alkier stellt in einem methodischen Neuansatz die Frage nach dem Verhaltnis von Wunder und Wirklichkeit. Als Grundlage dient hierbei der Zeichenbegriff Charles Sanders Peirce'. Zunachst entwickelt er einen semiotischen Textbegriff und kombiniert diesen mit den Konzepten von Intertextualitat, Enzyklopadie, Diskursuniversum, Rezeptionsasthetik und dem Konzept des kulturellen Gedachtnisses. Anschliessend formuliert er die Wunderfrage neu: Wie sehen die Wirklichkeitskonzepte der Welt(en) aus, in denen Aussagen uber Wunder ihre Glaubhaftigkeit entfalten koennen? Welche Funktion haben Aussagen uber Wunder fur die Konstruktion dieser Welt(en)?Vor diesem Hintergrund untersucht Stefan Alkier die Paulusbriefe. Dabei beschrankt er sich nicht auf die wenigen Stellen der Paulusbriefe, in denen die Begrifflichkeit des Wunderbaren Verwendung findet, sondern fragt nach dem Wunderdiskurs im Rahmen des jeweiligen gesamten Briefes. Auf diese Weise gelangt er zu einem neuen Wunderverstandnis, das aus dem Dilemma der Oppositionen 'fact versus fiction', bzw. 'Rehistorisierung versus Entmythologisierung' herausfuhrt. Gleichzeitig zeigt er, dass die Theologie der paulinischen Briefe als eine Theologie des Wunders gegengelesen werden kann. Im Mittelpunkt dieser Theologie steht die "Jesus-Christus-Geschichte" (Reinmuth), die Stefan Alkier als die grund-legende Wundergeschichte der paulinischen Theologie erschliesst.