Verstandliche Wissenschaft
2 primary works
Book 81
Abgrenzung, Gliederung, Aufgaben und Ziele der Paliiontologie Die PaHiontologie ist die Wissenschaft von den Lebewesen der "Vorzeit" (= Pra-Holozan, d. h. Zeit vor der geologischen Gegenwart [Holozan], deren Beginn mit etwa 10000 lahren anzugeben ist; vgl. Zeittafe1 auf S. 187). Der Name stammt aus dem Griechischen (= Lehre von den alten Lebewesen) und wurde im lahr 1822 erstmalig von franzosischen Wissenschaft- lern (D. DE BLAINVILLE und ADOLPHE BRONGNIART) verwendet, nachdem dieses Fachgebiet vorher als Petrefaktenkunde (Petre- fakten = Versteinerungen) bezeichnet wurde und praktisch nur Hilfswissenschaft der dama1s a1s Geognosie bezeichneten Geo- logie war. Heute ist sie langst ein eigenes Fach, wie dies auch die zunehmende Zahl eigener Universitatsinstitute dokumentiert. PaIiiontologische Quellen Die Objekte der Pa1aonto1ogie sind die Fossilien, die meist als Versteinerungen iiberliefert sind. Die Bezeichnung Fossil (vom lat. fodere = graben) geht auf AGRICOLA (= GEORG BAUER, 1494-1555) zuriick, der darunter auch Mineralien, Artefakte (vom Menschen hergestellte Gerate, z. B. Faustkei1e) und Scheinfossilien (z. B. Konkretionen) verstand und sie iibrigens als N aturspie1e deutete. Heute ist der Name Fossil konventionell auf Reste vorzeitlicher Lebewesen (= Korperfossi1ien) und deren Lebensspuren (= Spurenfossi1ien) beschrankt. Korperfossi1ien sind durchaus nicht immer a1s Versteinerungen iiberliefert, wie etwa Mammutkadaver aus dem eiszeitlichen Frostboden, Tin- tenbeute1 von Tintenfischen oder sog. Hautexemp1are von Fisch- echsen aus dem Mesozoikum beweisen. Fossil bedeutet keines- wegs ausgestorben, wie der Nachweis zah1reicher rezenter (d. h. ho1ozaner) Arten in der "Vorzeit" be1egt. Andrerseits miissen ausgestorbene Arten (z. B. Quagga als Zebraart in Siidafrika) nicht unbedingt fossil iiberliefert sein.
Book 114
Die in den letzten zwei Jahrzehnten erzielten Ergebnisse der Geophysik, Ozeanographie, Geologie und Palaontologie haben zu einer Revolution der Ansichten iiber die Entstehung der Ozeane und Kontinente und damit iiber die geographische Entwicklung in der Vorzeit gefuhrt. Diese neuen Erkenntnisse sind in ihrer Bedeu- tung und Tragweite durchaus jenen der Weltraumforschung und dem durch die Mondlandungen gewonnenen Wissensfortschritt vergleichbar. Allerdings erfolgten sie - da nicht so spektakula- fast unbemerkt von der Offentlichkeit. Die intensive Erforschung der Ozeane, die mehr als zwei Drittel der Erdoberflliche einnehmen, hat bisher Erkenntnisse geliefert, die fur zahlreiche Disziplinen der Erdwissenschaften befruchtend und stimulierend wirken, und deren endgiiltige Auswertung noch Jahre benotigen wird. Diese Befunde und Erkenntnisse sind nicht nur fur die eigentliche Palaogeogra- phie, sondern auch fur die Palaoklimatologie und dartiber hinaus fur die Pflanzen-und Tiergeographie von besonderer Wichtigkeit. Freilich werden nicht alle Interpretationen von Befunden durch die jeweiligen Fachvertreter anerkannt. Dies ist jedoch fiir samtliche Sparten der Wissenschaft charakteristisch. Haben doch Hypothesen und Theorien vielfach erst die Diskussion bestimmter Probleme in Gang gesetzt und damit die intensive Beschaftigung iiberhaupt ver- anlaBt.