Rheinisch-Westfalische Akademie Der Wissenschaften
1 primary work
Book 239
In einer FuBnote zu seinem Buch "Funktion der Religion" diagnostiziert NIKLAS LUHMANN "Widerspriiche zwischen der Logik des Geldes und der Logik des Glaubens"l. Allerdings, so scheint es mir, ortet LUHMANN die Widerspriiche - er spricht sogar von "ganzlich ungelosten Problemen" - in einem fUr ihren Nachweis nicht hinreichend schliissigen Kontext, namlich im religiosen Gebot der Nachstenliebe. "Die Rationalitat des Umgangs mit Geld beruht auf der Disposition nach individuell verschiedenen Praferenzen und widerspricht der kirchlich verkiindeten Religion der Nachstenliebe . . .; denn im Geldsystem kann der Geldgeber nur rational handeln, wenn er seine Bediirfnisse mit denen anderer vergleicht und andere Geldquellen mit in Be- tracht zieht. Knappheit wird durch Geld so hoch aggregiert und so vielen Ver- gleichsmoglichkeiten ausgesetzt, daB eine Religion, die Geldgeben fordert, unokonomisches Verhalten fordern muB"2. Ich frage mich, ob hier nicht eine EngfUhrung des Rationalitatsbegriffs in bezug auf das Geld und den Umgang mit ihm vorliegt: Rational = okono- misch? Rationalitat mag es immer nur innerhalb eines abgrenzbaren Referenz- rahmens geben.