Die Diskussion Uber Ratesysteme und Ratedemokratie hat seit eini- gen Jahren im Zusammenhang mit der stUrmischen Debatte Uber Demo- kratisierung und Systemveranderung neue Aktualitat gewonnen. Dies gilt besonders fUr die sogenannte Neue Linke, die in ihrem Demo- kratieverstandnis freilich eher alte Linke ist. Wie ihr Neomarxis- mus weitgehend als Renaissance von Theorien der zwanziger Jahre erscheint, 'so ist ihre Kritik der reprasentativen, pluralistischen Parlaments- und Parteiendemokratie fast ausschlieBlich an den Ar- gumenten und Alternativen orientiert, die vor und nach dem ersten Weltkrieg radikale, direkte, revolutionare Formen der Demokratie postulierten - unter ihnen vor allem das seit der Pariser Kommune von Marxisten glorifizierte Ratesystem. Die Tatsache, daB aIle Versuche zur Durchsetzung und Institutiona- lisierung entweder blutig gescheitert oder binnem kurzem in Ein- partei-Diktaturen Ubergegangen sind, hat die Anziehungskraft und den Mythos der Ratedemokratie kaum gemindert. Das BemUhen urn eine historische UberprUfung und Widerlegung der Rate-Theorie hat zwar eine reiche Literatur zu den deutschen und bayerischen Erfahrun- gen von 1918/19, zur Pariser Kommune von 1870/71 und zur russi- schen Revolution von 1917/18 hervorgebracht, doch relativ geringe Wirkung auf die politische Diskussion gezeitigt. Wir stehen vor der Tatsache, daB weder die historische und empirische Aufarbei- tung, noch eine vergleichende politische Analyse es vermochten, der abstrakt-theoretisch oder aber parteilich-agitatorisch be- grUndeten Utopie eines nie verwirklichten, gleichwohl als urnfas- sende Losung des Demokratie- und Emanzipationsproblems angeprie- senen Ratesystems beizukommen.
- ISBN10 3531024051
- ISBN13 9783531024059
- Publish Date 1 January 1974
- Publish Status Active
- Publish Country DE
- Publisher Springer Fachmedien Wiesbaden
- Imprint Springer VS
- Edition 1974 ed.
- Format Paperback
- Pages 190
- Language German