Book 71

Der Disput um das Forschungs- und Aktionsprogramm "Humanisierung des Arbeitslebens" und um die Denkschrift der Deutschen Forschungsge- meinschaft (DFG) "Zur Lage der Arbeitsmedizin und der Ergonomie in der Bundesrepublik Deutschland" (1980) sind Hoehepunkte der seit uber zehn Jahren schwelenden Auseinandersetzung um die Neuorientierung der Arbeitswissenschaft. Die Debatte steht im Zusammenhang mit be- stimmten gesellschaftspolitischen Reformen zu Beginn der siebziger Jah- re. Thematisiert wird die Arbeitswissenschaft bei der Reform des Betriebs- verfassungsgesetzes, und zwar in den 90 und 91. Mit diesen gesetzli- chen Bestimmungen wird die Durchsetzung weiterer Verbesserungen der Arbeitswelt mit Hilfe der Mitbestimmung an die Erkenntnisse der Ar- beitswissenschaft geknupft. Zur Diskussion steht die Arbeitswissenschaft ferner bei bildungs politischen Reformen, so bei den Bemuhungen, mit der Einrichtung des Unterrichtsfachs Arbeitslehre Schuler praxisnah auf die Berufswelt vorzubereiten. Der Streit, in dem um die Gestalt der Arbeitswissenschaft gerungen wird, ist ein wichtiges Indiz fur ihre Krise. Der argumentative Kern dieser Kontroverse lasst sich folgendermassen skizzieren: Das Dilemma der Ar- beitswissenschaft, diagnostizieren die Befurworter ihrer Reform, manife- stiert sich darin, dass diese "mit ihrem tradierten Instrumentarium nicht mehr in der Lage ist, weite Bereiche der modernen Arbeitswelt zu analy- sieren und der Praxis wirklichkeitsadaquate Loesungen anzubieten" (Dedering 1974, S. 182; vgl. Siebel u. a. 1972, S. 705). Die Ursachen dieser Defizite liegen in ihrer vorherrschend natur- bzw. ingenieurwissenschaft- lichen Orientierung, die dazu fuhrt, dass das Untersuchungs objekt, also Arbeit, isoliert vom konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang, bis- weilen von jedem sozialen Bezug analysiert wird (vgl. Siebel u. a.

Book 123

In drei betrieblichen Fallstudien im Einzelhandel wurden die Auswirkungen flexibler Arbeitszeit auf zeitbedingte Belastungen und Beanspruchungen in der Arbeits- und in der außerbetrieblichen Lebenswelt erforscht. Die Untersuchung konzentrierte sich auf Belastungen und Beanspruchungen, die aus der Dauer und Lage der Arbeitszeit resultieren. Die Firmen - ein Kaufhaus, ein Textilkaufhaus und ein Selbstbedienungswarenhaus - praktizieren die im Handel gängigen Arbeitszeitmodelle, feste Arbeitszeit mit roulierendem Freizeitsystem und variabler Arbeitszeit. In jedem Betrieb wurden drei Untersuchungsgruppen gebildet: vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigte Frauen mit ihren Partnern. Weiterhin wurde unterschieden, ob die Frauen durch die Erziehung von Kindern und die Betreuung und Pflege von Angehörigen außerbetrieblich zeitlich stark oder zeitlich weniger gebunden sind.